Daladala Diaries (2016)
Rehema Chachage

Daladala Diaries entstammen archivarischen Tonaufnahmen, die ich im Laufe der Jahre bei Reisen mit unserem heimischen und, dem lange Zeit üblichsten Transportmittel, gesammelt habe: Daladalas – ein über ganz Tansania verteiltes (nicht unbedingt systematisches) öffentliches Bussystem. Durch die Einführung der neuen und beliebteren Hochgeschwindigkeitsbusse in Dar und dem Gebrauch anderer, persönlicherer und bequemerer Transportmittel werden Daladalas immer seltener. Während meiner 4 Wochen als Gastkünstlerin an der ZK/U habe ich viel Zeit in Berlins Nahverkehrszügen und -bahnhöfen verbracht. Das hat mein Interesse geweckt und zu diversen Video- und Tonaufnahmen geführt. Ich habe mich entschieden, mich an meinem Daladala Archiv zu bedienen und einige der Geräusche zu verwenden. Es hat mich interessiert, welche Narrative entsteht, wenn das Visuelle des, wie ich finde „superkorrekten“, ordentlichen und organisierten öffentlichen Transportsystems in Berlin gegenübergestellt wird mit der lauten und chaotischen Natur der Klangwelt der Daladalas und der Stadt Dar es Salaam, wie sie sich aus dem Inneren eines Daladalas anhört.

Im Rahmen meiner Arbeit interessiere ich mich besonders für Alltagsrituale (real oder imaginär), Gesten, Interaktionen, etc. Wenn man stundenlang im Verkehr in Dar es Salaam im Daladala steckt, hat man immer genug Zeit Leute zu beobachten und viele dieser Gesten, Interaktionen und Nicht-Interaktionen usw. zu beobachten. In der U- oder S-Bahn in Berlin jedoch ist man im Handumdrehen dort wo man hin will (oder umsteigen muss). Deshalb habe ich die Videos sehr langsam gedreht um so die Illusion einer verlängerten Berlinfahrt zu erzeugen, die Raum für diese Art von Beobachtungen lässt. Der Videodreh hat mich an einen Artikel erinnert, den ich Anfang des Jahres auf der All Africa Webseite gelesen habe. “Tanzania: My Memorable Experience Riding Daladala” von Katharina Stein erklärt im Detail ihren Kampf und ihren Spaß mit tansanischen Daladalas, während sie mit den deutschen Transportsystemen vergleicht.

Ich dachte es wäre spannend, meine Darstellung und Narrative von Berlins Zugsystem, die aus der Perspektive eines Ausländers erzählt (und gefilmt) wird, mit diesen Erfahrungen einer Ausländerin in Tansania mit Daladalas zu kombinieren. „Ein Ausländer erzählt eine Auslands- (Ausländer-) geschichte“ … seltsam und interessant gleichzeitig, denn wer hat das Recht welche Geschichte zu erzählen?

Rehema Chachage ist eine Video-, Bildhauer- und Performancekünstlerin, die Rituale als wertvolle Werkzeuge zum Lesen in soziale Normen und Spannungen erforscht, darunter Feminismus, Gender und subversive Identitäten.

 

Stills from the short movie DalaDala Diaries